Im Sicherheitstraining droht Lebensgefahr

Aus meinem Bekanntenkreis mußte jemand bei dem zweiten Versuch eine Steilspirale zu fliegen die Rettung schmeißen. Auf die Anweisung des Fluglehres: „Rettung, Rettung“ wurde die Rettung geschmissen. Die Sinkrate betrug 22 m/s.

Wenn jemand bei der zweiten Steilspirale mit dieser hohen Sinkrate zu Boden schießt, befindet er sich in Lebensgefahr. Das hat offenbar auch der Fluglehrer so gesehen. Die Bekannte hatte Glück. Sie hatte keinen Blackout. Sie konnte die Anweisung noch wahrnehmen und die Rettung noch schmeißen.
Dieses mal gab es keine Mitteilung: „Trotz Anweisung des Fluglehrers spiralte der Pilot ohne jede Reaktion bis zum Boden!“
Ergebnis: meistens Tod !!!

Da ich einige Dinge erlebt und erfahren habe, möchte ich, als Sicherheitsbeauftragter des Vereins, zwei Dinge an Euch, die Vereinsmitglieder, weitergeben. Das ist mein Job.

1. Steilspirale
Bitte wagt Euch niemals ohne professionelle Anleitung an eine Steilspirale.

Zunächst müßt Ihr Eure Wahrnehmung schulen:
Visuelle Kontrolle durch Blick an den kurveninneren Stabilo und die Eintrittskante in diesem Bereich, Schräglage durch Blick und Gleichgewichtsorgan beurteilen, Druck auf das Sitzbrett spüren, Zentrifugalkräfte spüren, Geschwindigkeit spüren, Windgeräusche spüren.
Diese Informationen geben Euch eine Rückmeldung über den Flugzustand. Man muß lernen, sie richtig zu deuten.

Diese Wahrnehmung schult man, indem man zunächst zwei bis drei steile Kurven fliegt und sie dann ohne zu pendeln ausleitet. Bitte fliegt steile Kurven solange, bis Ihr Euch pudelwohl fühlt und das oben genannte vollständig wahrnehmt und deuten könnt.

Erst DANACH kommt DER ZWEITE SCHRITT
Irgendwann fliegt man steile Kurven VORSICHTIG immer etwas steiler. PLÖTZLICH gibt es einen Punkt, bei dem sich die wahrgenommenen Informationen SCHNELL ändern. Dann geht die Kappe auf die Nase. Das ist der Beginn der Steilspirale. SOFORT geht man ohne zu pendeln wieder in die steile Kurve.
Der Wechsel zwischen einer steilen Kurve und dem Ansatz der Steilspirale wird MEHRFACH erflogen. Erst dann tastet man sich LANGSAM und IMMER KONTROLLIERT an zunehmende Sinkraten.

Bemerkung:
Ich habe mit Absicht keine Beschreibung des Kraft - Zeit - Verlaufs von Gewichtsverlagerung und Steuerbewegung gegeben. Ich werde niemals eine Anleitung zum Fliegen einer Steilspiraleins ins Netz stellen. Wendet Euch bitte an vertrauenswürdige Personen, die Euch bei der Steilspirale anleiten.

2. Fragen
Bitte verlaßt Euch niemals darauf, daß Ihr beim Sicherheitstraining die sicherheitsrelevanten Informationen vollständig erhaltet. Ihr müßt Euch durch Fragen selbst um Eure Sicherheit kümmern.
z.B.: Bei welchem Flugmanöver droht mir wodurch eine Gefahr ? Wie verhindere ich die Gefahr ? Wie rette ich mich aus der Gefahr ? Wurden ALLE Gefahren genannt ? Wurde wirklich NICHTS vergessen ? Löchert die Lehrer mit Fragen. Es geht um Eure Gesundheit und Euer Leben.

Take care of you
Piet Willig

Hey Piet,

rein aus Interesse: hat sich das Verhalten der neueren Schirme in der Steilspirale wirklich so extrem gewandelt? Seinerzeit, als ich meine A-Schein Ausbildung gemacht habe war es noch absolut üblich bei der normalen Höhenschulung über festem Boden Steilspiralen zu üben. Ich musste sogar (unter Anleitung) eine Steilspirale bei meinem allerersten Höhenflug machen, um wieder auf den Boden zu kommen :wink:

Wenn ich mich nicht täusche, war die Steilspirale auch Pflichtübung bei meiner späteren B-Schein-Prüfung (1994).

Ich habe dann bei meinen Alleinflügen oft und gern die Steilspirale geübt und auch anwenden müssen.

Bei einem Sicherheitstraining über dem Achensee konnten wir die Steilspirale auch üben, dort hatte man dann Sinkgeschwindigkeiten von ca. 12-16 m/s erreicht.

Ich empfand dies mit meinen damaligen Schulschirmen und mit meinem 2er (alte Gütesiegelklasse, als es noch kein 1-2 gab) UP-Vision nie als kritisch.

Aber Deine Äußerungen/Beschreibungen finden sich ja nun häufiger und nicht ohne Grund wurde sowohl aus der Prüfung zum B-Schein als auch aus den sonstigen Ausbildungen die Steilspriale weitesgehend verbannt und ins kontrollierte Sicherheitstraining über einem See verschoben.

Daher zurück zu meiner Frage: liegt es an den neueren Schirmen, dass dieses Manöver so kritisch geworden ist?

Hallo Christian

  1. Ich vermute, daß weder der Mensch noch das Material schuldhaft für die Abstürze sind.
  2. Wegen der Zahl der Notsituationen und der Todesfälle beim Üben der Steilspirale wurde das Üben in ein Sicherheitstraining über See verbannt. Damit wurde aber nicht die Gefahr abgestellt, sondern nur verlagert. Es wird lediglich die Aufschlagsenergie reduziert. Diese Lösung sollte überdacht werden.

Der augenblickliche Lehrweg:
Die Piloten erhalten eine exakte Einweisung für das Fliegen einer Steilspirale. Gewichtsverlagerung und Steuerbewegungen werden erklärt. Es wird ausdrücklich auf die Gefahren hingewiesen. Dieser Lehrweg bringt einige wenige Piloten in Lebensgefahr. Viele Piloten spüren aber Streß oder Angst. Ein Lehrweg bei dem Piloten in Lebensgefahr geraten können bzw. gravierende negative Emotionen entstehen können, muß auf den Prüfstand.

Abhilfe könnte die SANFTE METHODE schaffen.

Vergl. http://hdfforum.wawuschels.de/viewtopic.php?f=4&t=898

Bei dieser Methode werden die Piloten langsam und behutsam und in mehreren Schritten an die Steilspirale heranführt. Eine Überforderung und damit Streß und Angst gehen hier gegen Null. Die Lebensgefahr ist so gut wie ausgeschlossen.

Take care of you
Piet Willig