Ich möchte mit diesem Text vor allem Winden-Einsteiger, aber auch erfahrene Startleiter und Windenfahrer ansprechen.
Meine Vorgeschichte:
Die Ausbildung zu A-Schein begann ich im Sommer 2009 mit dem Grundkurs und 20 Höhenflügen per Hangstart. Aus verschiedenen Gründen entschied ich mich, diese durch weitere 20 Höhenflüge an der Winde abzuschließen, um den A-Schein gleich mit Windenstartberechtigung zu erhalten - eine effektive und vor allem für uns „Flachländer“ lukrative Vorgehensweise.
Nur wenige Tage, nachdem ich zum ersten Mal meine Lizenz in der Hand hielt, zog es mich für eine Woche in die Alpen, in’s Stubaital. Dieses Fluggebiet hatte ich schon länger im Auge, da es als einfach und trotzdem interessant beschrieben wurde. Dies erwies sich als wahr. Mit zehn Flügen an sieben fliegbaren Tagen war ich sehr zufrieden. Es verlief alles gut und sicher, mit dem längsten Flug von 3 Stunden und 40 Minuten hatte ich ein fantastisches Erlebnis, und das an meinem dritten Flugtag, der ohne Fluglehrer und Funkbetreuung vonstattenging.
Dann wieder zu Hause: Der Wetterbericht versprach gute Verhältnisse für das kommende Wochenende. Somit entschied ich mich, am HDGF- Flugbetrieb teilzunehmen (wo ich noch nicht Mitglied bin).
Mein erster Flugtag an der Winde:
Es wurde an diesem 5. Juni in Neustadt-Glewe geflogen. Eine nette Mitfahrgelegenheit gefunden, machte ich mich in bester Laune auf den Weg. Wir kamen gegen Mittag am Flugplatz an, wo schon einige, vor allem Drachenflieger aufgebaut und andere bereits am fliegen waren.
Nach gemütlichem Auspacken reihte ich mich ein. Als ich nun dran war, verlief zunächst alles, wie ich es aus der (nur drei Monate zurückliegenden) Windenschulung kenne. Auslegen, Einklinken, Anmelden, 5-Punkte Check, Kommandos und Start.
Das Abheben verlief noch recht problemlos und normal. Kurz darauf merkte ich einen deutlich größeren Seilzug, als ich ihn von der Windenschulung kannte. Zudem fiel mir auf, dass die Kappe deutlich weiter hinten hing, als ich es „gewohnt“ war - Sackfluggefahr?
Im Theorieunterricht lernte ich damals, dass ich mit anhaltender Beingrätsche dem Windenfahrer oder Startleiter signalisieren kann, den Seilzug zu reduzieren. Also grätschte ich die Beine für mehrere Sekunden. Nichts geschah. Dadurch war ich schon sehr verunsichert. Ich wusste auch, dass jedes Bremsen in solch einer Situation den Sackflug weiter begünstigen wird. Ich versuchte also, den Schirm mit nur leichten Impulsen auf Kurs zu halten. Dies klappte bis zu einer Höhe von 100m. Dort geriet der Schirm in eine Rechtsdrehung, mein Steuerimpuls war offensichtlich zu schwach oder zu spät. Plötzlich schnellte nun der linke Stabilo über mein Gesichtsfeld und die Kappe ging „auf die Nase“ - Lock Out! Dies wäre natürlich einem Windenstart-erfahrenen Piloten nicht Passiert - wohl auch nich unter größerer Zugkraft.
Erst mit einer gewissen Verzögerung wurde ich hinterher gedreht. In kürzester Zeit ging mir durch den Kopf, was ich zuvor über den Lock Out hörte, nämlich dass es der gefährlichste Zustand beim Windenschlepp ist. Es würde mir wahrscheinlich nicht gelingen, nach dem Ausklinken den Schirm wieder in einen vernünftigen Flugzustand zu bringen, also schmiss ich die Rettung. Diese ging im freien Luftraum tadellos und ohne großen Ruck auf. Der Sinkflug und die Landung an der Rettung waren nicht problematisch. Ich landete ohne Verletzung auf den Beinen und rollte nur leicht ab. Die Landestelle befand sich auf Höhe der Startstelle, nur etwas seitlich weiter rechts. Das spätere Auslesen der Variodaten zeigte, dass die ich bei dieser Landung 5,5 m/s Fallgeschwindigkeit hatte.
Nun realisierte ich, dass die Situation für mich noch sehr glücklich ausgegangen war - führt ein Lock Out doch häufig zu schweren oder sogar tödlichen Abstürzen.
Was kann ich daraus lernen?
• Ein Windenstart birgt größere, in jedem Fall aber ganz andere Gefahren mit sich, als das Fliegen in den Bergen. Von einem sicheren Gefühl beim Starten und Fliegen im Gebirge darf man sich als Winden-Anfänger nicht beirren lassen.
• Deshalb sollten Windenstart - Neulinge in jedem Fall den Startleiter um Unterstützung und Aufmerksamkeit fragen und um eine geringere Zugkraft bitten.
• Sollte man dies versäumen, muß der Startleiter fragen, wieviel Erfahrung der Pilot bereits beim Windenstart hat - vor allem, wenn er einem Piloten begegnet, den er noch nicht kennt.
• Der Windenfahrer muss den Piloten im Auge haben und unterstützend bei Gefahr eines Lock-Outs die Zugkraft sofort reduzieren. Natürlich sollten Piloten ihn vorher darauf hinweisen, dass sie noch wenig oder keine Erfahrung mit dem Windenstart haben.
• Lieber 50 oder 100 Meter weniger Ausklinkhöhe mit geringerer Zugkraft und dafür ein sauberer, kontrollierter und sicherer Start, als die Gefahr eines Lock-outs oder Sackfluges. Dies ist es allemal nicht wert.
Ich wünsche allen Piloten und vor allem Einsteigern sichere und behutsame Windenstarts.
Artur
aus Hamburg